Geheimtipps für Naturliebhaber

Bei Groningen denkt man oft an ausgedehnte Felder, schnurgerade Kanäle und den weiten Horizont über flachem Land. Westerwolde aber ist anders: Gewundene Straßen, verschlungene Bäche und sanfte Erhebungen prägen hier die Landschaft. Statt unendlicher Fernsichten schieben sich alte Wälder, lauschige Heideflächen und wunderschöne Flussauen in den Blick. Nur wenige Gegenden in den Niederlanden sind so vielgestaltig und abwechslungsreich wie Westerwolde.​

Ruiten Aa

Quer durch Westerwolde schlängelt sich die Ruiten Aa, das „Rückgrat“ der Region. Wer durch die Gegend wandert oder radelt, überquert regelmäßig dieses Flüsschen. Blickt man auf seinen Lauf, so kann man sich kaum vorstellen, dass die Ruiten Aa in den Sechzigerjahren für die Landwirtschaft begradigt worden war. In den Neunzigern wurden die alten Mäander renaturiert und der Fluss bekam wieder den Platz, den er einst hatte. Allmählich erhielt die Ruiten Aa so ihr ehemaliges Bett zurück, mit allen Schleifen und Windungen.

Schnell zeigte sich, wie sehr die Tier- und Pflanzenwelt davon profitierte. Im Frühjahr steht die Landschaft wie einst in voller Blüte, Lakenvelder Rinder grasen auf den Wiesen, Eisvögel und Silberreiher wissen das fischreiche Gewässer zu schätzen, und auch der aus Westerwolde zuvor verschwundene Storch ist wieder zurückgekehrt. Ein voller Erfolg! Das Ergebnis ist ein idyllisch anmutendes Gebiet mit prächtiger Natur. Dass der Fluss auf seiner relativ kurzen Länge eine solche Vielfalt an Lebensräumen bietet, ist einzigartig in den Niederlanden. Nicht umsonst gilt das Tal der Ruiten Aa als eines der schönsten Bachtäler des Landes.

Uralte Wälder

Zu beiden Seiten der Ruiten Aa erstrecken sich artenreiche Wälder. Westerwolde verfügt insgesamt über beachtliche 2200 Hektar Wald- und Naturflächen, von denen einige über tausend Jahr alt sind. So finden sich in den Wäldern von Ter Apel seltene Pflanzen, die typischerweise in jahrhundertealten Eichenwäldern heimisch sind, zum Beispiel das Echte Salomonssiegel, die Zweiblättrige Schattenblume oder auch Buschwindröschen und Maiglöckchen, die hier im Frühjahr ganze Teppiche bilden. Mancherorts wachsen sogar der Siebenstern und – eine Besonderheit – die Steinbeere, die nirgends sonst in den Niederlanden vorkommt. Beide Pflanzen sind Relikte der Eiszeit und erreichen hier die südliche Grenze ihres Verbreitungsgebiets.

Der Liefstinghsbroek ist der älteste Wald von Groningen und einer der ältesten der Niederlande (bereits 1590 wurde er erwähnt). Da dieses Waldgebiet seit fast einem Jahrhundert vom Menschen in Ruhe gelassen wird, konnte die Natur hier ungestört walten. So entwickelten sich verschiedene Waldarten: ein Eichen-Buchenwald, ein Bruchwald und ein Eichen-Hainbuchenwald. Im Frühjahr legt sich ein weißes Gewand aus blühenden Buschwindröschen und Sauerklee über den Waldboden. Wer möchte, kann das Gebiet in Begleitung eines Försters besuchen.

Doch es gibt noch mehr Wälder in Westerwolde – noch viel mehr! Zum Beispiel den Pagebos bei Stadskanaal mit seinen vielen Tümpeln, Brücken, Gräben und Holzstegen. Zusammen mit den Veenhuizerstukken, dem Vledderbos und dem Knoesterbos (Provinz Drenthe) bildet er ein fast 500 Hektar großes Areal an Rad-, Wander- und Reitwegen. Ein schönes Ausflugsziel ist auch der Blijhamsterbos, ein junger Laubwald mit Spielwiesen, der von der Forstbehörde als Naherholungsgebiet angelegt wurde. Diese und die vielen anderen Wälder, Heideflächen, Auen, Sümpfe und Moorgebiete in Westerwolde besitzen eine reiche Flora und Fauna.
 

Knallblauer Blitz

Die große Vielfalt an Waldarten bietet einen perfekten Lebensraum für Brutvögel wie den Waldlaubsänger, den Kleiber oder den Mittelspecht – und auch der Eisvogel ist hier häufig zu beobachten. Wie ein knallblauer Blitz stürzt er sich auf der Jagd nach Beute ins Wasser. Mit von klaren Gewässern umspülten Wäldchen und Baumgruppen ist die Westerwolder Landschaft ganz nach dem Geschmack dieses hübschen Vogels mit seinem auffälligen blau-orangen Federkleid.

Spuren der Vergangenheit

Nicht nur die Wälder in Westerwolde sind uralt, auch die Bebauung in Form von Höfen und Dörfern erinnert an frühere Zeiten. Das lässt sich zum Beispiel in Ter Borg erfahren, einem kleinen Weiler, in dem die Zeit seit Jahrhunderten stillzustehen scheint. Der Flecken besteht aus vier Bauernhöfen und einem Schafstall aus dem 17. Jahrhundert, ringsherum liegen kleine Felder und Wallhecken. Manche Eichen sind gut 200 Jahre alt und so dick, dass man sie mit den Armen nicht umfassen kann. Ein weiterer besonderer Ort ist Smeerling: Das denkmalgeschützte Dorf besteht aus nur wenigen versprengten Gehöften, die zum Teil aus dem siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert stammen.

Natur genießen

Kommt man nach Westerwolde, um die Natur zu genießen, gibt es nur eine Regel: Alles kann, nichts muss. Durchstreifen Sie die Region mit dem Rad, zu Pferde oder auf Schusters Rappen. Unterwegs finden Sie überall Bänke, Picknicktische und Parkplätze zum Verschnaufen. An der Ruiten Aa liegt ein auffälliger Naturbeobachtungshügel mit dem „Theater der Natur“, einem Werk des bildenden Künstlers Adriaan Nette. Mithilfe der drehbaren Bühne lässt sich die umliegende Landschaft nach Belieben in Szene setzen.

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